Das Zollrecht gilt als beständig – eigentlich, insbesondere wenn man benachbarte Rechtsgebiete (wie z. B. das Umsatzsteu-errecht) betrachtet. Nun kam aber der Unionszollkodex (UZK). In diesem Beitrag erfahren Sie, was sich ändert und was bleibt und wie Sie bei der Zollabfertigung rechtssicher agieren.
Hinsichtlich Ihrer Warenabfertigung ergeben sich zahlreiche Neuerungen. Die Rechtsgrundlagen änderten sich. Zumindest das Grundgerüst sollten Sie unbedingt parat haben. Nur wenn Sie die rechtliche Systematik verstehen, können Sie die neuen Bestimmungen anwenden und nur dann die folgeschweren Stolperfallen vermeiden.
Welche Neuerungen gibt der Unionszollkodex vor?
In der folgenden Übersicht finden Sie die wichtigsten Themenbereiche Ihrer Zollabwicklung und die entsprechenden Neuerungen. Diese Regelungen müssen Sie beherrschen.
Thema | Was bleibt und was neu ist |
Summarische Eingangs-und summarische Ausgangsanmeldung (ASumA) | Sie müssen auch weiterhin für Waren eine summarische Eingangsmeldung abgeben. Die entsprechenden Regeln dazu finden Sie nun in den Art. 127 ff. UZK. Auch ist weiterhin die Ankunft des Beförderungsmittels (nur noch bei Flugzeugen und Schiffen) der ersten Eingangszollstelle zu melden. Rechtsgrundlage dazu: Art. 133 UZK. Meine Empfehlung: Die summarische Eingangsmeldung liefert den Behörden Daten für die Risikoanalyse. Sie gehört zu den jüngeren Bestimmungen des Zollrechts. Hier wird auch weiterhin in der bereits bekannten Art verfahren. Nehmen Sie hier nur die geänderten Rechtsgrundlagen zur Kenntnis. Seit dem 1.1.2011 ist vor Ausfuhr einer Ware, für die keine Zollanmeldung mit den sicherheitsrelevanten Daten vorliegt, zudem eine ASumA abzugeben. Auch diese Regelung bleibt inhaltlich bestehen. Rechtsgrundlage: Art. 263 ff. UZK. |
Zollanmeldung | Mit Anwendung des UZK müssen Sie hier zwischen der sogenannten Standardzollanmeldung (Rechtsgrundlage: Art. 162 UZK) und Vereinfachungen unterscheiden. Zu den Vereinfachungen zählen künftig: vereinfachte Zollanmeldungen, Art. 166 UZK zentrale Zollanmeldung, Art. 179 UZK Anschreibeverfahren, Art. 182 UZK Selbstkontrolle, Art. 185 UZK Meine Empfehlung: Die Vereinfachungen im Bereich der Zollanmeldungen gewinnen noch mehr an Bedeutung. Gerade die zentrale Zollanmeldung und die Selbstkontrolle haben das Potenzial, in der Praxis zum Wettbewerbsfaktor zu werden. Allerdings sind die bedeutendsten Verfahrenserleichterungen grundsätzlich AEO-zertifizierten Unternehmen vorbehalten. Denken Sie also über dieses Gütesiegel (sofern noch nicht zertifiziert) unbedingt nach. |
Vorübergehende Verwahrung | Die vorübergehende Verwahrung ist in Art. 144 UZK geregelt. Hinsichtlich der vorübergehenden Verwahrung ergeben sich zahlreiche praxisrelevante Neuerungen: Die bisher erforderliche summarische Anmeldung entfällt. Sie müssen nun eine Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung abgeben. Rechtsgrundlage: Art. 145 UZK. Sie müssen die Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung spätestens bei Gestellung der Waren abgeben. Das heißt: Auch künftig können Sie mit Abgabe der Anmeldung zur vorübergehenden Verwahrung konkludent gestellen. Waren, die sich in der vorübergehenden Verwahrung befinden, dürfen ausschließlich in bewilligten Lagerstätten gelagert werden. Rechtsgrundlage: Art. 147 UZK. Sie kennen aus dem aktuell anzuwendenden ZK den sogenannten Verwahrungswechsel. Diese Regelung wurde mit dem UZK bedeutend erweitert. Sie können nun den Transport von Waren von einer Lagerstätte zu einer anderen mitbewilligen lassen. Rechtsgrundlage: Art. 148 UZK. Die Frist zur Beendigung der vorübergehenden Verwahrung wird mit dem UZK auf einheitlich 90 Tage verlängert. Rechtsgrundlage: Art. 149 UZK. Meine Empfehlung: Aus den oben dargestellten Neuerungen im Bereich der vorübergehenden Verwahrung erhalten Sie einen neuen Gestaltungsspielraum. Die Kombination aus verlängerter Verwahrfrist und möglichem Transport innerhalb der vorübergehenden Verwahrung könnte für Sie das Zolllager- bzw. Versandverfahren überflüssig machen. |
Zollrechtlicher Status | Aus dem derzeit anzuwendenden Zollrecht kennen Sie das Begriffspaar Gemeinschaftsware/Nichtgemeinschaftsware. Die bekannten Grundsätze dazu gelten auch mit der Anwendung des UZK weiter. Meine Empfehlung: Tiefgreifende Veränderungen müssen Sie hierzu nicht berücksichtigen. An neue Begrifflichkeiten müssen Sie sich allerdings gewöhnen: Das oben genannte Begriffspaar wird durch Unionsware/Nicht-Unionsware ersetzt. Rechtsgrundlage: Art. 153 ff., 5 Nr. 23, 5 Nr. 24 UZK. |
Zollverfahren | Im Bereich der Zollverfahren gibt es weitreichende Neuerungen. Die bisherigen zollrechtlichen Bestimmungen wurden zu nun 3 Zollverfahren zusammengefasst (Rechtsgrundlage: Art. 5 Nr. 16 UZK): Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr besondere Verfahren Ausfuhr Die Überlassung zum zollrechtlichen freien Verkehr ist nun in Art. 201 f. UZK geregelt. Die besonderen Verfahren werden in 4 Arten differenziert: Versand: Die Ihnen bekannten Grundsätze zum Versand werden prinzipiell beibehalten. Weitreichende praxisrelevante Neuerungen müssen Sie in diesem Bereich nicht berücksichtigen. Lagerung: Die Lagerung kennt nun die 2 Unterarten: „Zolllager“ und „Freizonen“. Die bisherige zollrechtliche Bestimmung „Verbringen von Waren in eine Freizone oder ein Freilager“ entfällt. Verwendung: Die Verwendung kennt die 2 Unterarten: „vorübergehende Verwendung“ und „Endverwendung“. Materielle Änderungen müssen Sie hier nicht berücksichtigen. Die Waren werden weiter zum freien Verkehr überlassen und bleiben unter zollamtlicher Überwachung (regelmäßig, bis der jeweilige Verwendungszweck endgültig erfüllt ist). Veredelung: Die Veredelung kennt die 2 Unterarten: „aktive Veredelung“ und „passive Veredelung“. Das „Umwandlungsverfahren“ und die „Zerstörung“ entfallen (Letztere wird nun als Veredelungsvorgang behandelt). Ebenso entfällt das Verfahren der Zollrückvergütung. Jede der 4 Arten erhält wiederum 2 Unterarten. Rechtsgrundlage: Art. 210 UZK. Hinsichtlich der Ausfuhr wird ebenfalls differenziert in: Ausfuhr von Unionswaren, Rechtsgrundlage: Art. 269 UZK Wiederausfuhr von Nicht-Unionswaren, Rechtsgrundlage: Art. 270 UZK Wichtig: Ggf. ist eine ASumA abzugeben (vgl. erste summarische Eingangsanmeldung). Und zwar dann, wenn keine Zoll- oder Wiederausfuhranmeldung abgegeben wird. Rechtsgrundlage: Art. 271 UZK. Die Hinterlegung einer Sicherheit für bestimmte Fälle wird nun vorausgesetzt. Art. 211 Abs. 3 lit. c UZK regelt, dass eine Sicherheit (Art. 89 UZK) geleistet werden muss, wenn Waren in ein besonderes Verfahren überführt werden und die Möglichkeit einer Zollschuldentstehung besteht. Meine Empfehlung: Haben Sie aktuell Zollverfahren bewilligt, sollten Sie unmittelbar die Auswirkungen auf Ihr Unternehmen prüfen. Lassen Sie hier keine Zeit verstreichen. Die Umstellung der entsprechenden Prozesse nimmt erfahrungsgemäß eine erhebliche Zeit in Anspruch. |
Zollverfahren | Beachten Sie auch hinsichtlich der Zollschuldentstehung verschiedene Neuerungen: Die Zollschuldentstehungstatbestände werden gebündelt. Die Tatbestände bei der Zollschuldentstehung infolge einer Zollanmeldung werden in Art. 77 UZK geregelt. Die Entstehungstatbestände bei Verstößen werden in Art. 79 UZK gebündelt. Vertreter werden umfassend in die Verantwortung genommen. Zollschuldner wird nunmehr auch die Person, die die erforderlichen Angaben bei der Zollanmeldung wissentlich falsch angibt. Voraussetzung: Die falschen Angaben führen dazu, dass eine Abgabenverkürzung (auch teilweise) eintritt. Diese Person muss wissentlich vorgegangen sein (oder hätte vernünftigerweise wissen müssen, dass die Angaben unrichtig waren). Auch die Heilungsmöglichkeiten werden erweitert. Wesentliche Grundvoraussetzung: Die Verstöße gegen die Zollvorschriften dürfen nicht vorsätzlich begangen worden sein. Die Erlöschenstatbestände werden nun in Art. 124 UZK gebündelt. Auch ein Erlöschen der Zollschuld bei vorschriftswidrigem Verbringen bzw. Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung wird nun grundsätzlich ermöglicht. |